Fachtagung zur Geschichtsvermittlung mit 180 Gästen erfolgreich zu Ende gegangen – Fortsetzung folgt.
„Bitte das Thema in weiteren Tagungsformaten fortsetzen“ – „Dank für die inspirierende Tagung“: mit vielstimmigem Lob für Konzept und Organisation des zweitägigen „COME TOGETHER – Geschichtsvermittlung interdisziplinär“ endete die Tagung am 31. März in der HTWK Leipzig – allerdings nicht ganz: Viele Tagungsteilnehmer*innen nahmen noch die Möglichkeit wahr, an Exkursionen in das GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig, das Stadtgeschichtliche Museum Leipzig sowie in das Zeitgeschichtliches Forum Leipzig teilzunehmen.
Authentizität versus Diskurs
Mit einer kritischen Betrachtung des Begriffs Authentizität eröffnete Dr. Sylvia Necker das erste Panel. Intensiv diskutiert wurde ihre Frage, ob wirklich alle historischen Objekte sammelnswert seien. Provokativ stand die Frage im Raum: darf man „Hitler entsorgen“? Prof. Dr. Axel Klausmeier verwies passend zum Tagungstitel auf die Abbey Road, auf deren Zebrastreifen Touristinnen und Touristen das bekannte Beatles-Cover nachstellen. Der Zebrastreifen wurde um 200 Meter verlegt, um den Verkehr nicht zu beeinträchtigen, was die Fangemeinde in keiner Weise irritiert. Eine Steilvorlage für die Frage, welchen Stellenwert das Authentische in der Sichtweise der Adressatinnen und Adressaten von Geschichtsvermittlung bekommt.
Citizen für Citizen Science finden
Im Panel „Formate & Methoden“ stellten Svantje Bahnsen und Dr. Kurt Winkler – unter anderem – das Projekt „Vidness“ vor. Der Aufwand, den etwa 360-Grad-Videos verursachen, wurde ebenso diskutiert wie die Aufforderung von Dr. Folker Metzger / Klassikstiftung Weimar, sich mehr um die Besucherforschung zu kümmern. Doch woher die „Citizen“ für die „Citizen Science“ nehmen? Oft sind es gymnasiale Schulklassen – doch wie erreicht man andere Zielgruppen? Dr. Sabine Moller stellte ihr Konzept für das Stadtarchiv Kiel vor.
Wie besucherorientiertes Ausstellen umgesetzt werden kann, zeigte am nächsten Morgen Teresa Bauer von der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Berlin. Dr. Ulrich Mählert beschrieb die Erwartungen und Ansprüche an die Jahresausstellungen der Bundesstiftung Aufarbeitung und Dr. Philipp Erdmann vom Stadtarchiv Leipzig erörterte Adressatinnen- und Adressatenkreise des Lernorts Archiv – mit prinzipiellen Potentialen und gegenwärtigen Grenzen.

Warnung vor normativer Aufladung der Geschichte
Zu „Demokratiebildung & Politik“ beschrieb Dr. Elke Kollar / Museumspädagogisches Zentrum München Schnittfelder von politischer, historischer und kultureller Bildung – und verwies darauf, dass Erinnern allein nicht reiche: Es verdecke vielfach das Handeln für Gegenwart und Zukunft. Prof. Dr. Charlotte Bühl-Gramer von der Universität Erlangen warnte vor der normativen Aufladung von Geschichte. Insbesondere der jeweilige Demokratiebegriff müsse historisch eingeordnet werden. Prof. Dr. Thomas Lindenberger, einer der Begründer der Geschichtswerkstätten in den 1980er Jahren, mahnte, die evidenzbasierte Geschichtsschreibung nicht aus dem Blick zu verlieren. Er forderte ein, verstärkt Medienkompetenz zur Dekonstruktion von Geschichtsbildern zu vermitteln.
Kann man die Kernaussagen einer solchen Tagung zusammenfassen? Prof. Dr. Martin Lücke gelang es zum Abschluss der Tagung, unter anderem mit einem abgewandelten Zitat von Rosa Luxemburg: „Multiperspektivität ist immer die Multiperspektivität der anderen". Moderiert von den Initiatoren Prof. Dr. Gisela Weiß / HTWK Leipzig und Prof. Dr. Alfons Kenckmann / Universität Leipzig, schloss die Tagung. Auf Twitter kommentierte Sören Affeldt unter dem Hashtag #GeschichteCT23: „Für mich ist eine Tagung gelungen, wenn ich mit dem Gefühl eines durcheinander gewirbelten Gehirns rausgehe, also mit neuen Ideen, Motivationen und voll inspiriert. All das hat #GeschichteCT23 geschafft – vielen Dank!“
Text: Gabriele Hooffacker, Gisela Weiß, unter Verwendung der Tweets von Sören Affeldt, Sophie Kühnlenz, Kristin Oswald