Beim traditionellen Gautschfest an der HTWK Leipzig waren zwei Studentinnen als Gehilfinnen dabei. Ein Erfahrungsbericht
Aufgeregt versammelten wir uns mit weiteren Packerinnen und Packern vor Beginn des traditionellen Gautschfestes am 13. Juni 2024, um die Gautschbriefe – eine Art Gesellenbriefe für Studierende aus dem Druckwesen – zu unterschreiben. Wir heißen nicht nur beide Johanna, sondern waren auch beide zum ersten Mal als Packerinnen dabei. Das bedeutet, dass wir die Lehrlinge schnappen und in das Gautschfass tunken. Danach werden sie in die schwarze Zunft der Drucker aufgenommen.
Aber zunächst hieß es im Gutenberg-Bau der HTWK Leipzig die Briefe zu unterschreiben, während wir schon einmal mit einem kühlen Bier anstoßen durften. Jeder Gautschling erhält nach der erfolgreichen Reinigung einen dieser Briefe und ein passendes T-Shirt als Erinnerung.
Das Gautschfest beginnt
Es folgte der feierliche Einzug des Gautschmeisters und seiner Packerinnen und Packer: Angeführt wurde unser kleiner Trupp in diesem Jahr von Gautschmeister Heiko Tennert, der sonst das Multimedialabor an der HTWK Leipzig leitet und an diesem Tag Prof. Michael Reiche vertrat. Einige des Trupps trugen historische Gewänder, um an die Wurzeln der Tradition zu erinnern. Das Gautschen als Aufnahmeritual zum sogenannten Cornuten stammt ursprünglich aus dem 16. Jahrhundert.
Unter Blitzlichtgewitter betraten wir den Parkplatz hinter dem Gutenberggebäude. Der Gautschmeister erklärte den kommenden Ablauf, den historischen Hintergrund und belehrte mit einem Augenzwinkern die Lehrlinge nach traditioneller Art.
Die Gautschlinge können aus verschiedenen Studiengängen stammen, die die Thematik Druck im Studium beleuchten. Sie mussten außerdem ein Bleisatzpraktikum absolvieren. Früher hatten nur die angehenden Buchdrucker die Möglichkeit ein Teil der schwarzen Zunft zu werden. Heute sieht es anders aus, weshalb auch wir als Studierende der „Verpackungstechnologie und Nachhaltigkeit“ letztes Jahr die Ehre bekamen, gegautscht zu werden.
Wegrennen nach dem Freisprechen
Der Gautschmeister rief die Gautschlinge nacheinander auf. Sobald der einzelne freigesprochen wurde, durfte er wegrennen. Jetzt waren wir an der Reihe. Wir verteilten uns auf der Fläche und fingen die Fliehenden mit mehr oder weniger Aufwand ein. Anschließend wurden sie über einen großen Bottich voller Wasser gehoben und je nach Gegenwehr mindestens drei Mal oder öfter eingetaucht. Natürlich wurde dabei auf ihre Sicherheit geachtet.
Die längste Flucht gelang einem jungen Verpackungsstudenten aus dem zweiten Semester, den wir bis auf die Straße jagen mussten. Die kürzeste war gerade mal ein Meter.
Nach der äußeren Reinigung durch das Baden stand nun die Innere für die Gautschlinge an. Sie mussten einen Trunk aus geheimer Rezeptur zu sich nehmen. Das einzige, was man darüber weiß, ist, dass er vegan, gluten- und alkoholfrei ist. Wir erinnern uns aber, dass es bei uns damals nach Kaffeesatz und Malzbier geschmeckt hat.
Tipp fürs nächste Jahr
Nicht nur uns hat der ganze Trubel Spaß gemacht, auch die Gautschlinge amüsierten sich prächtig. Nach anschließenden Gesprächen haben sich die meisten bereits bereiterklärt, auch nächstes Jahr als Packinnen und Packer Teil der Tradition zu sein.
Freut euch auf den Muskelkater und Wechselkleidung nicht vergessen!
Hintergrund zum Gautschakt
Der Gautschakt als Aufnahmeritual in die schwarze Zunft der Druckerinnen und Drucker wurde bereits im 16. Jahrhundert eingeführt. Das Wort „Gautschen“ bezieht sich auf das erste Entwässern des Papieres im Zuge der traditionellen Papierherstellung.