Exkursion DPB/DVM 2023
1500 km Wissenschaft und Technologie in der Druckbranche
Studierende der Studiengänge Digitale Print-Technologien (DPB) sowie Druck- und Verpackungstechnik (DVM) der HTWK Leipzig nutzten den Beginn des Wintersemesters 2023/2024, um sich in der Praxis über wegweisende Technologien und Unternehmen zu informieren.
Ihr Weg führte sie dabei durch Mittel- und Süddeutschland sowie nach Tschechien. Hier erzählen die Studierenden von ihren Eindrücken in konventionellen und zukunftsweisenden Anwendungen der im Studium erlernten Drucktechnologien.
Start von der HTWK
An einem Montagmorgen um 8 Uhr hinter dem Gutenberg-Bau starteten wir unsere Exkursion, die bis zum Freitag dauern sollte, und brachen mit zwei Autos auf: Eine bunte Gruppe von elf Studierenden aus dem dritten und sechsten Semester des Bachelorstudiengangs Digitale Print-Technologien und dem ersten sowie dritten Semester des Masterstudiengangs Druck- und Verpackungstechnik unter der Leitung von Professor Ingo Reinhold und Henning Nagel.
Tag 1: Leipzig - Pößneck - Plzen
Nach etwa einer Stunde Fahrt erreichten wir das erste Unternehmen unserer Reise. GGP Media, ein Teil der Bertelsmann Gruppe, liegt im malerischen Pößneck und beschäftigt etwa 700 Mitarbeiter. Dort erhielten wir Einblicke in die moderne Buchherstellung, von der Druckvorstufe über den Druck bis zur Weiterverarbeitung. Wir konnten die industrielle Produktion von Büchern hautnah erleben. Neben den herkömmlichen Druckverfahren Bogen- und Rollenoffset findet auch der Digitaldruck in der Buchproduktion Anwendung, da kleinere oder individualisierte Auflagen herkömmliche Druckverfahren unrentabel machen. Mit Hilfe von HP Indigo für Umschläge und zwei HP Pagewide T400 für Buchblocks ist es möglich, auch kleinere Auflagen mit einer Maschinengeschwindigkeit von 300 Metern pro Minute zu produzieren.
Wir konnten die unterschiedlichen Herstellungsschritte des Buchblocks, vom Offsetdruck bis hin zum Stapeln (jede Signatur für sich) und dem späteren Zusammentragen, deutlich sehen. Im Digitaldruck erfolgte die Falzung direkt im Anschluss an die Produktion. Trotz des hohen Automatisierungsgrades waren dennoch viele manuelle Schritte notwendig, um die Produkte herzustellen.
Nach dem Rundgang durch die Produktion hatten wir Gelegenheit, in der örtlichen Kantine zu Mittag zu essen. Bei strahlendem Sonnenschein setzten wir unsere Reise nach Tschechien fort, um in Pilsen für die nächsten zwei Nächte unsere Unterkunft zu beziehen. Ein Teil der Gruppe erklomm die knapp 300 Stufen auf dem Turm der Pilsener Kathedrale und wurde mit einer herrlichen Aussicht belohnt.
Den Abend ließen wir bei tschechischem Essen und lokalen Bierspezialitäten ausklingen.
Tag 2 (Plzen - Prag)
Am zweiten Tag blieben wir aufgrund eines Feiertags in Deutschland in Tschechien. Hier besuchten wir das Unternehmen Pebal, das seit seiner Gründung im Jahr 1995 zu einem wichtigen Akteur im Verpackungsdruck geworden ist. Das Unternehmen eröffnete 2019 einen modernen Produktionsstandort in Pilsen, den wir besuchten.
Pebal hat sich auf verschiedene Produktionsprozesse spezialisiert, darunter Folienextrusion, Flexodruck, Laminierung, Weiterverarbeitung und die anschließende Distribution. Dabei legt das Unternehmen großen Wert auf Nachhaltigkeit und die Entwicklung von recyclebaren und kompostierbaren Folien. Besonders bemerkenswert war, dass Pebal über zwei hochmoderne Flexodruckmaschinen verfügt, die 8 bzw. 10 Farben drucken können und den erweiterten Farbraum CMYK + OVG (Orange, Violett, Grün) ermöglichen.
Diese Technologie bietet zahlreiche Vorteile, da sie in der Lage ist, 90% des Pantone-Farbfächers abzubilden, was die Notwendigkeit von Sonderfarben für Brand Colors bei jedem Auftrag reduziert. Dies führt zu weniger Farbverbrauch und schnelleren Auftragswechseln, da die Farben nicht nach jedem Auftrag gewechselt werden müssen. Die Rüstzeiten konnten drastisch somit reduziert werden. Zudem ermöglicht die Technologie das Drucken verschiedener Sorten eines Produkts mit einem einzigen Plattensatz auf derselben Bahn. Die Druckvorstufe, die von Pebal an das Unternehmen Panflex in der Nähe von Prag ausgelagert wird, spielt eine wichtige Rolle bei der Umwandlung von Sonderfarben in den erweiterten Farbraum, wie er bei Pebal verwendet wird.
An diesem Tag besuchten wir auch das Unternehmen Panflex, das sich auf Dienstleistungen in der Druckvorstufe für Verpackungen spezialisiert und Flexodruckplatten herstellt. Die Produktion von Flexodruckplatten für Produkte aus Wellpappe, flexible Verpackungen und Etiketten erfolgt unter Verwendung von Technologien von Dupont und Kodak für die Belichtung und Entwicklung der Druckformen. Die Auswahl des Verfahrens erfolgt individuell je nach Auftrag, verwendetem Material und geforderter Qualität. Panflex unterstützt seine Kunden auch bei der Erstellung von Druckdaten für verschiedene Druckverfahren wie Flexodruck, Tiefdruck und Offsetdruck. Ihre besondere Expertise liegt im Bereich des Color Managements, insbesondere bei der Umwandlung von Sonderfarben in den erweiterten Farbraum, wie er bei Pebal genutzt wurde.
Tag 3 (Plzen - München - Augsburg)
Am dritten Tag unserer Exkursion besuchten wir die Schreiner Group GmbH & Co. KG in Oberschleißheim.
Die Schreiner Group, ein Familienunternehmen in der dritten Generation, wurde 1951 als Spezialfabrik für geprägte Siegelmarken und Etiketten gegründet. Heute hat sich das Unternehmen auf die Entwicklung und Produktion innovativer Etiketten spezialisiert, die in der Pharma- und Automobilindustrie Anwendung finden.
Nach unserer Ankunft wurden wir herzlich begrüßt und erhielten eine Präsentation über das Unternehmen, seine Produkte und Marktbereiche. Nach einem gemeinsamen Mittagessen und einem regen Austausch unserer ersten Eindrücke in der Kantine wurden wir in zwei Gruppen aufgeteilt und durch das Unternehmen geführt. Wir erhielten Einblicke in verschiedene Bereiche wie Digitaldruck, (Rotations-)Siebdruck und das Versuchslabor. Es war beeindruckend zu sehen, mit welchem materialseitigen und verfahrenstechnischem Aufwand die Herstellung der Etiketten durchgeführt wird. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass in einem durchschnittlichen Mittelklassewagen bis zu 300 Etiketten, industrielle Kennzeichnungslösungen und Funktionsteile mit einer Lebensdauer von bis zu 15 Jahren verbaut werden müssen. Der erste Teil des Tages endete mit einer Frage- und Antwortrunde, in der wir die Möglichkeiten einer zukünftigen Zusammenarbeit zwischen uns Studenten und der Schreiner Group diskutierten.
Unser zweiter Besuch führte uns zur Voxeljet AG in Friedberg bei Augsburg. Im Foyer wurden wir herzlich begrüßt und erhielten eine kurze Einführung in das Unternehmen und sein Kerngeschäft. Als Einstieg in die Technologie diente eine 3D-gedruckte Nachbildung des Aston Martin aus James Bond-Skyfall, die als Double für die Aktionszenen im Film genutzt wurde. Voxeljet ist im Maschinenbau tätig und hat sich auf die Herstellung industrieller 3D-Drucker auf Pulverbasis spezialisiert. Die Firma arbeitet zudem als Dienstleister und nimmt Aufträge entgegen, um individuelle Bauteile für Kunden in der eigenen Produktion herzustellen.
Während unseres Besuchs erhielten wir einen umfangreichen Einblick in die Produktion von polymeren und sandbasierten Bauteilen. Zunächst besuchten wir die Produktionshalle für Kunststoffbauteile. Hier werden individuelle Bauteile entweder mittels High-Speed Sintering, also dem lokalen Verschmelzen von Polymerpulvern, oder dem Binder Jetting, dem lokalen "Verkleben" von Pulvern, hergestellt. Wir hatten die Möglichkeit, die Produktionsprozesse aus nächster Nähe zu betrachten und die gesamte Prozesskette von der Fertigung bis hin zur zeitaufwendigen, aber notwendigen Nachbearbeitung zu verfolgen.
In der darauffolgenden Halle erfolgte ein Wechsel des Werkstoffs. Die hier eingesetzten 3D-Drucker waren deutlich größer und in der Lage, Sand zu verarbeiten. Die aus Sand hergestellten Bauteile dienen als Gussformen für das Urformen von Metall. Hier sahen wir den VX4000, den größten 3D-Drucker der Welt, der Bauteile in einer Größe von 4m x 2m x 1m herstellen kann und somit für die Herstellung von Gussformen, beispielsweise für Turbinenräder und Motorblöcke in der Automobilindustrie, genutzt wird.
Tag 4 (Augsburg - Würzburg - Schweinfurt)
Der vierte Tag der Exkursion führte unsere Studierenden nach Würzburg zum ältesten Druckmaschinenhersteller der Welt, der König & Bauer AG. Der Standort Würzburg hat sich auf die Herstellung von Inkjet- und Offset-Rollendruckmaschinen spezialisiert, die in verschiedenen Bereichen wie dem Akzidenz-, Verpackungs- und Zeitungsdruck eingesetzt werden. Darüber hinaus werden Maschinen für die Banknotenproduktion optimiert.
Die Führung durch die Welt der Druckmaschinenherstellung begann für unsere Studierenden im Democenter, wo das neueste Modell der RotaJET-Reihe vorgestellt wurde. Dabei handelt es sich um eine High-Volume Digitaldruckmaschine der Inkjet-Familie mit 256 individuellen Inkjet-Druckköpfen, von denen jeder mit 2.048 Druckdüsen ausgestattet ist. Mit einer Taktfrequenz von maximal 55 kHz können diese piezobetriebenen Druckköpfe bei Geschwindigkeiten von bis zu 270 m/min ein gestochen scharfes Druckbild höchster Auflösung realisieren. Besonders spannend war das zusätzlich verbaute Flexodruck-Modul, mit dem neben dem CMYK-Digitaldruck auch Sonderfarben oder Lacke aufgebracht werden können, um dem Produkt den letzten Schliff zu verleihen.
Nach der Einführung im Democenter wurden unsere Studierenden nach und nach durch das Betriebsgelände geführt. Wir besuchten die hauseigene Gießerei und Fertigungshalle, in denen die benötigten Teile in Mikrometergenauigkeit hergestellt und vorbereitet werden. Dort konnten wir die Montage der Druckmaschinen hautnah miterleben und einen Einblick in die Komplexität und Dimensionen erhalten, die mit Druckmaschinen einhergehen. Der Besuch endete mit Einblicken in die Herstellung von Banknoten, einschließlich der verschiedenen Druckverfahren und Sicherheitselemente, die verwendet werden, um Fälschungen zu erschweren.
Abschließend stellte sich CEO Christoph Müller von König & Bauer AG persönlich vor und ermutigte die Studierenden in einer kurzen, aber eindrucksvollen Rede auf ihren weiteren Lebenswegen. Der Besuch bei der König & Bauer Digital & Webfed AG & Co. KG wurde von den Studierenden als äußerst informativ und positiv wahrgenommen, und wir bedanken uns herzlich für die souveräne Führung durch das Unternehmensgelände.
Tag 5 (Schweinfurt - Jena - Leipzig)
Am letzten Tag unserer Exkursion besuchten wir zunächst drei Technologie-Startups in Jena, die an einem Standort eine "neuartige" Siebdrucktechnik verwenden, um dreidimensional zu drucken. Sie nutzen spezielle Siebdruckmaschinen, welche die Positionierung des Siebs relativ zur vorher gedruckten Lage präzise steuern können und verschiedene Trocknungsverfahren nutzen, um die Viskosität der bereits gedruckten Lage zu erhöhen.
Die Exentis Group stellt nicht nur diese Druckmaschinen her, sondern forscht auch an neuen Anwendungen, darunter der Druck von Metallen und Keramiken für hochauflösende dreidimensionale Formen, die z.B. unter Verwendung von SiC in der Solarstromerzeugung Anwendung finden können.
Axenoll arbeitet an der dreidimensionalen Bedruckung von biologischen Kunststoffen und lebendigen Zellen, was beispielsweise zur Herstellung von Implantaten verwendet werden kann.
Laxxon Medical nutzt die Siebdrucktechnik zum Drucken von Tabletten, was innovative Ansätze für die Pharmaindustrie ermöglicht. Sie testen die Festigkeit und Stabilität der pharmazeutischen Erzeugnisse im eigenen Labor und können den Zeitpunkt und den Ort des Zerfalls bestimmen und anpassen.
Zum Abschluss unserer Exkursion besuchten wir einen großen Optikhersteller, der an der Entwicklung neuartiger Displays arbeitet. Dieses Unternehmen hat seit mehr als 40 Jahren Erfahrung mit verschiedenen Drucktechnologien, aber die Anwendung in der Displayherstellung stellt besondere Herausforderungen dar, insbesondere in Bezug auf statische Aufladung, Bahnlaufprobleme und die Aushärtung von strahlungshärtenden Materialien.
Mit diesem Besuch endete unsere Exkursion zu verschiedenen Firmen, die uns von Süddeutschland über die Tschechische Republik zurück zum Ausgangspunkt, der HTWK Leipzig, geführt hat. Es war eine spannende Reise in die Welt der Druckbranche, die uns einen genaueren Einblick in die in den Vorlesungen vermittelten theoretischen Grundlagen ermöglichte.